Zurück zum Anfang

                                 LogoMarkusJosef
Ökumenische Kreuzwegandacht 2020
(Kreuzwegfenster von Silke Rehberg  -  St.Josef Kinderhaus)

 

 


                              (Text vorlesen)

 

Besinnung

Schwestern und Brüder,

es ist für mich nicht das erste Mal, dass ein Blick in die Geschichte helfen kann, aktuelles Geschehen besser zu verstehen. In der Mitte des 14. Jahrhunderts suchte etwa zwischen 1347 und 1353 eine Pestepidemie ganz Europa heim. Der Vergleich zu unserer gegenwärtigen Situation weist viele erstaunliche Parallelen auf. Auch damals trat die Krankheit zuerst in Asien auf, verbreitete sich über Handelswege über den Mittelmeerraum nach Südeuropa und breitete sich vom süditalienischen Sizilien immer weiter nach Norden bis England und Skandinavien aus. Auch damals kam das öffentliche, private und wirtschaftliche Leben zum Stillstand, schon damals wurde, vermutlich in Venedig, die Quarantäne erfunden (das französische „quarantaine“ weist auf die Dauer von 40 Tagen hin). Und auch damals waren die Menschen mit einer panischen Angst konfrontiert, was mehr als nur verständlich ist, wenn man weiß, dass eine Infektion damals praktisch gleichbedeutend mit dem sicheren Tod war und die Pest vermutlich mehr als ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahinraffte. Nun, ganz so dramatisch verläuft die gegenwärtige Pandemie zwar nicht, aber es genügt offensichtlich, dass auch gegenwärtig wieder jene Frage hörbar wird, die seit Urzeiten Menschen in tiefster Verzweiflung bewegt: warum lässt Gott das zu? 

Auch heute fragen sich das Menschen, die gerade durch das Corona-Virus einen nahen Angehörigen verloren haben, das fragen sich auch Ärzte, die hilflos das Sterben mit ansehen müssen, weil erst in ein paar Monaten die notwendigen Medikamente entwickelt sind. Und auch heute wie schon zu Zeiten des Alten Testaments gibt es wieder einige Stimmen, die da meinen, die Krankheit sei die von Gott gesandte Strafe für die sündhaften Menschen. Es tut gut, wenn der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Bedford-Strohm sich vor einigen Tagen mit seiner Botschaft an die Öffentlichkeit wandte: „Christen glauben, dass sich Gott in Jesus gezeigt habe. Es kann nicht sein, dass Gott ein Virus schickt, um Menschen zu töten, denn Jesus hat geheilt. Die Christen feiern Ostern, weil nicht der Tod, sondern das Leben das letzte Wort hat“. Und der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sagt sogar unmissverständlich, die Rede von einer Strafe Gottes sei vollkommen unchristlich.

Wir werden die Theodizee-Frage sicher ebenso wenig endgültig beantworten können wie unzählige mehr oder weniger kluge Menschen vor uns. Und doch hat diese Frage „warum lässt Gott so etwas zu“ mit unserer Andacht zu tun. Die Stationen des Kreuzwegs künden von unsäglichem Leid, das Jesus tragen musste, und doch können wir daraus Trost und Hoffnung schöpfen, eben im Wissen darum, dass der Tod, der am Ende des Kreuzwegs steht, eben nicht die Endstation ist, dass unser Leben nicht mit dem Karfreitag in der Hoffnungslosigkeit versinkt, sondern dass stattdessen mit der Frohen Botschaft des kommenden Osterfests neues Leben geschenkt wird. 
Lassen wir uns nun ein auf die Stationen des Leidens Jesu, lassen wir uns ein auf die in der Mystik der wundervollen Fenster von Silke Rehberg verborgenen Details, seien wir dabei in Gedanken auch bei jenen Menschen, die gegenwärtig von den Folgen der Corona-Krankheit so tief getroffen sind, dass sie verzweifeln mögen, und schließen gerade sie mit ein in den am Horizont aufleuchtenden österlichen Hoffnungsschein der Frohen Botschaft.

J.S.Bach
Choralbearbeitung BWV 691
Wer nur den lieben Gott lässt walten

 

 

 Weiter zur Station 1